am 10. November 2024
Mit Ihrer Stimme beim Bürgerentscheid entscheiden Sie darüber, ob die Gemeindeverwaltung den Auftrag bekommt, die Möglichkeiten für Windkraft auf unserer Gemarkung weiter zu untersuchen.
Sie stimmen NICHT darüber ab, ob Windkraftwerke auf der Tiefenbronner Gemarkung gebaut werden.
Was passiert, wenn die Mehrheit mit JA stimmt?
Was passiert, wenn die Mehrheit mit NEIN stimmt?
Ist bei einem JA die Aufstellung von Windkraftanlagen beschlossen?
Nein! Wenn alle Hürden genommen sind und die Voruntersuchungen ausweisen, dass der Standort bei Tiefenbronn geeignet ist, muss ein weiterer Beschluss durch ein Gemeindegremium gefasst werden, ob die Gemeinde tatsächlich ihre Flächen für den Bau von Windkraftanlagen zur Verfügung stellt.
Die Bürgerinitiative Windkraft schlägt vor, dass die endgültige Entscheidung wieder in die Hände der Bürgerschaft gelegt wird: wir dringen in diesem Fall auf einen erneuten Bürgerentscheid.
Kurz gesagt: Das geplante Bergwerk Käfersteige steht dem interkommunalen Windpark der Gemeinden Tiefenbronn, Wimsheim und Friolzheim nicht im Wege.
Viele Einwohner Tiefenbronns wissen nicht, dass bis vor wenigen Jahren ein Bergwerk im Würmtal betrieben wurde: das Flussspat- und Schwerspat-Bergwerk Käfersteige. Die gleichnamige Lagerstätte reicht von der Würmtalstraße bis zur Seehausstraße und gilt als eines der größten Vorkommen des Industrieminerals Flussspat in Europa. Hier wurden von 1935 bis 1996 Schwerspat (Baryt) und Flussspat (Fluorit) im Untertagebau gewonnen. Heute zeugen nur noch die fachmännisch verschlossenen Stolleneingänge von der ehemaligen Bergwerkstätigkeit [1].
Abbildung 1: Eingang zur Würmtalrampe an der Würmtalstraße bei Würm
Fluorit wurde von der EU als kritischer Rohstoff eingestuft, dessen Abbau innerhalb Europas eine hohe Priorität zukommt. Seit 2022 gibt es deshalb Anstrengungen, den Abbau von Flussspat an der Käfersteige wieder aufzunehmen. Zu diesem Zweck wurde die Firma „Deutsche Flussspat GmbH“ gegründet, welche die Abbaurechte erworben hat. Das Unternehmen hat im Mai 2023 Informationen über sein Vorhaben veröffentlicht [2]. Bis 2025
soll die Grube wieder für den erneuten Abbau vorbereitet werden.
Welche Auswirkungen hat der geplante Bergbau auf die Aufstellung von Windkraftanlagen?
Das geplante Wind-Vorranggebiet WE15 überschneidet sich auf einer kleinen Teilfläche mit dem vor fast 100 Jahren definierten Bergbaugebiet „Käfersteige“ [3]. Da für ein bis zu 200 m hohes Windkraftwerk ein absolut fester Untergrund notwendig ist, muss sichergestellt werden, dass sich die geplanten Stollen nicht mit den Standorten der Kraftwerke überschneiden.
Die Landesbergbaudirektion hat deshalb in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Regionalverband Nordschwarzwald dargelegt, dass die Überschneidungsflächen nicht in das geplante Wind-Vorranggebiet aufgenommen werden sollen. Darüber hinaus möchte die Bergbaudirektion auch die Flächen über der vermuteten Lagerstätte bis hin zur Autobahn A8 für den Bergbau reserviert wissen. Eine Entscheidung über diese Eingabe steht noch aus.
Was bedeutet das für den gemeinsamen Windpark der Gemeinden Tiefenbronn, Wimsheim und Friolzheim?
Ganz einfach: nichts. Falls der Regionalverband der Stellungnahme der Landesbergbaudirektion folgen sollte, fallen im Nordwesten Teile der Vorrangfläche WE15 weg. Dies betrifft jedoch nur Waldflächen auf der Gemarkung Pforzheim, die dem Land Baden-Württemberg gehören. Die Gemeindewälder der Gemeinden Friolzheim, Wimsheim und Tiefenbronn sind weiterhin uneingeschränkt für die Windkraft nutzbar. Nur für die Windkraftflächen des Landes Baden-Württemberg könnten sich Einschränkungen ergeben. Dies dürfte den Forst BW dazu zwingen, auch seine südlich gelegenen Vorrangflächen in der Nähe des Tiefenbronner Waldfriedhofs für die Windkraft zu nutzen, sofern die Anliegergemeinden nicht selbst mit einem eigenen Windpark aktiv werden.
Einem gemeinsamen Windpark der drei Anliegergemeinden steht das geplante Bergwerk damit nicht im Wege.
Abbildung 2: rot schraffiert: Bergbaugebiet Käfersteige;
orange kariert: geplantes Wind-Vorranggebiet WE1;
schwarz kariert: Fläche des möglichen Windparks Tiefenbronn-Wimsheim-Friolzheim. Grün umrandet: vermutete weitere Flussspat-Lagerstätte
Quellen
[1] Franz Littmann: Das Bergwerk Käfersteige im Würmtal. Zum Download verfügbar auf https://www.pforzheim.de/stadt/ortsteile/wuerm/ortsgeschichte-und-literatur/bergbau-im-wuermtal.html
[2] Deutsche Flussspat GmbH: Grube Käfersteige – Exploration und Probebetrieb. Zum Download verfügbar auf
https://www.deutsche-flussspat.de/news/dfg-projekt-kaefersteige/
[3] Geoportal des Landesamts für Geologie und Rohstoffe (LGRB) am Regierungspräsidium Freiburg
Kurz gesagt:
Gemeinden, die auf ihrer Gemarkung Windkraftanlagen errichten, können in vielfältiger Weise finanziell profitieren: In einem kleinen Windpark, der halb so groß ist wie unser Tiefenbronner Beispiel, kamen über die Laufzeit von 25 Jahren 8,9 Mio. Euro für die Anliegergemeinden zusammen [3].
Pachterträge
Der Eigentümer des Grundstücks, auf dem eine Windkraftanlage errichtet wird, erhält vom Betreiber der Anlage eine Pacht. Für eine moderne Windkraftanlage sind das derzeit rund 100.000 EUR pro Anlage. Die Stadt Rutesheim konnte sogar über 130.000 EUR aushandeln. Dieser Betrag würde direkt in die Gemeindekasse fließen und die Finanzlage Tiefenbronns spürbar verbessern.
EEG-Kommunalabgabe
Der Betreiber einer Windkraftanlage kann die betroffenen Gemeinden im Umkreis von 2,5 km rund um die Anlage finanziell an seinen Erträgen beteiligen [1]. Dies gilt auch für Gemeinden, auf deren Gemarkung keine Anlage steht. Die Beteiligung beträgt 0,2 ct pro Kilowattstunde.
In der Karte (Abbildung 1) haben wir schematisch dargestellt, was dies für die Anliegergemeinden eines möglichen Tiefenbronner Windparks mit 5 Anlagen bedeutet [2]. Im Umkreis von 2,5 km um den Windpark (roter Kreis) befinden sich 5 Gemeindegemarkungen: Pforzheim, Neuhausen, Friolzheim, Wimsheim und Tiefenbronn. Die EEG-Kommunalabgabe wird proportional zu den Flächenanteilen unter diesen 5 Anliegern aufgeteilt. Der Einfachheit halber gehen wir hier davon aus, dass jede Gemeinde ein Fünftel der Abgabe erhält.
Die 5 Windkraftanlagen produzieren voraussichtlich zusammen rund 75 Gigawattstunden (=75 Mio. kWh) Strom pro Jahr. Daraus ergibt sich eine Vergütung von 150.000 EUR pro Jahr. Jede der oben genannten Gemeinden erhält also im oben dargestellten Beispiel 30.000 EUR pro Jahr.
Gewerbesteuer
Mittelfristig können die Gemeinden, auf deren Gemarkung Windkraftwerke stehen, auch mit Gewerbesteuereinnahmen rechnen. Jede Anlage gilt als Betriebsstätte, für die anteilig eine Gewerbesteuer zu entrichten ist, auch wenn der Firmensitz in einer anderen Gemeinde liegt (Gewerbesteuerzerlegung). Ein Rechenbeispiel im Staatsanzeiger BW für einen kleinen Windpark, der nur halb so groß ist wie unser oben dargestelltes Beispiel, ergab Gewerbesteuereinnahmen für die Standortgemeinden in Höhe von insgesamt 2,1 Mio. EUR über die Laufzeit von 25 Jahren [3].
Vergünstigter Stromtarif
Viele Betreiber bieten den Anwohnern im Umkreis von Windparks vergünstigte Bürgerstromtarife an. Beim Windpark Langenbrand bietet der Betreiber BayWa allen Haushalten im Umkreis von 2,5 km um die Anlagen einen Tarif an, der um 10 % unter dem Tarif des örtlichen Grundversorgers liegt [4].
Beteiligungsoption
Einige Betreiber bieten Anwohnern von Windparks exklusive Beteiligungsmöglichkeiten an, damit diese als Investoren von den Anlagen profitieren können. Im Fall des Windparks Langenbrand konnten Crowdfunding-Investoren aus den Anliegergemeinden maximal 20.000 EUR über 7 Jahre anlegen, wofür ihnen vom Betreiber BayWa 5,5 % Zinsen pro Jahr zugesichert wurden [5].
Es gibt also – neben den Klimazielen, zu denen der Windpark beiträgt – stichhaltige finanzielle Argumente, die für einen Windpark bei Tiefenbronn sprechen.
Abbildung 1: Vereinfachtes Berechnungsbeispiel für EEG-Kommunalabgabe. Rot: 2,5 km-Umkreis um den Mittelpunkt der 5 Anlagen (grün). Orange Karos: geplante Lage des Vorranggebiets WE15.
Quellen
[1] Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2023) - § 6 Finanzielle Beteiligung der Kommunen am Ausbau
[2] vereinfachte Darstellung. Genaugenommen wird um jedes Windkraftwerk der 2,5 km-Radius gezogen. Dies hätte hier die grafische Darstellung erschwert.
[3] Staatsanzeiger – Wochenzeitung für Wirtschaft, Politik und Verwaltung BW https://www.staatsanzeiger.de/nachrichten/energie-und-umwelt/wie-kommunen-finanziell-von-der-windkraft-profitieren-koennen/
[4] https://www.baywa-re.de/de/buergerstrom
[5] https://beteiligungen.baywa-re.de/windpark-langenbrander-hoehe/beteiligung
Kurz gesagt:
Windstrom ist kostengünstig
Die Erzeugung von Strom aus Windkraft ist schon heute eine der preisgünstigsten Erzeugungsmethoden in Deutschland. Die Herstellung einer Kilowattstunde Windstrom kostet laut Fraunhofer ISE zwischen 4,3 und 9,2 ct – ohne Subventionen! Noch günstiger ist nur der Strom aus großen Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Die besten fossilen Kraftwerke kommen auf Kosten von 10,9 bis 18 ct/kWh, sind also mehr als doppelt so teuer![1]
Der Preisvorteil der Erneuerbaren Energien wird laut Fraunhofer ISE in Zukunft noch weiter anwachsen, wenn die Preise für CO2-Zertifikate weiter steigen.
Abbildung 1: Strom-Gestehungskosten in Deutschland. Studie der Fraunhofer-Gesellschaft 2024
Was kostet der Tiefenbronner Windstrom?
Die windgünstigsten Standorte für die Windkraft liegen an der Nordseeküste. Ein Windkraftwerk produziert dort bis zu 70 % mehr Strom als in Baden-Württemberg [2]. Doch der Strom muss auch nach Süden kommen! Eine neue Leitung, der sog. SÜDLINK, wird bis 2028 gebaut. Doch das reicht nicht: wir müssen auch bei uns Anlagen errichten, um genügend Strom für den steigenden Bedarf der Zukunft erzeugen zu können und die Belastung des Stromnetzes zu reduzieren.
Doch warum sollte ein Investor ein Windkraftwerk in Tiefenbronn errichten, wenn er an der Nordseeküste viel mehr Geld verdienen kann? Deshalb hat der Gesetzgeber eine Förderung für Anlagen eingeführt, die an geeigneten, aber windschwächeren Standorten gebaut werden [3]. Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) sichert einem Betreiber eine garantierte Mindestvergütung für seinen Strom zu. Diese Regelung greift jedoch nur, wenn der Strompreis unter eine bestimmte Marke sinkt, die in Auktionen für die gesamte Laufzeit festgelegt wird. Für aktuelle Anlagen liegt diese Marke bei maximal 7,35 ct/kWh [4]. Je nach Standortgüte wird dann der vereinbarte Wert mit einem Korrekturfaktor versehen – je besser der Standort, umso niedriger ist der Preis, bei dem das EEG eingreift. So haben die Betreiber an allen geeigneten Standorten in etwa gleiche Renditechancen. Diese Maßnahme verteilt die Stromerzeugung auf die Fläche und entlastet das Netz. Die „Subventionierung“ durch das EEG ist also netzpolitisch begründet und sinnvoll.
Was würde ohne die EEG-Förderung geschehen?
Die Investoren würden sich um die renditestarken Standorte reißen. Andere Standorte, die nur wenig schlechter sind, würden links liegen gelassen. Die Folge: an einigen wenigen Standorten gäbe es extrem viele Anlagen. Insgesamt würden zu wenige Anlagen gebaut.
Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum
Die Förderung von Windenergieanlagen basiert auf dem gleichen Prinzip wie die Strukturförderung der Wirtschaft: wer in wirtschaftlich weniger attraktiven Regionen investiert, erhält in Baden-Württemberg eine Förderung aus dem „Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum“ (ELR) [5]. Diese Subventionen ermöglichen die Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben auch an weniger attraktiven Standorten. Auch die Unternehmer in Tiefenbronn profitieren von diesen Subventionen. Darüber hat sich bisher noch niemand beschwert, und das ist auch gut so.
Wer bekommt das Geld? Wir!
Letzten Endes landet ein Teil der Erträge für die Kraftwerke auf unserer Gemarkung auf dem Umweg über Pachteinnahmen und sonstige Vergütungen bei der Gemeinde Tiefenbronn. Über die Laufzeit summieren sich die Vergütungen für jede Anlage auf mehrere Millionen Euro, die die Gemeinde in viele sinnvolle Projekte investieren kann. Um welche Beträge es geht, erörtern wir in unserer Informationsschrift Nr. 12: „Was haben wir davon?“.
Quellen
[1] Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme: Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien, Juli 2024
[2] Deutsche Windguard: Volllaststunden von Windenergieanlagen an Land
[3] EEG § 36h Anzulegender Wert für Windenergieanlagen an Land
[4] https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Ausschreibungen/Wind_Onshore/start.html
[5] https://mlr.baden-wuerttemberg.de/de/unsere-themen/laendlicher-raum/foerderung/elr
Um Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen an Land zu vereinfachen und zu beschleunigen, hat der Bundesgesetzgeber im Jahr 2022 bundeseinheitliche Standards für die geforderte artenschutzrechtliche Prüfung im Bundesnaturschutzgesetz verankert.
Für die meisten geschützten Tierarten im Raum Tiefenbronn haben die geplanten Windkraftanlagen keinerlei Auswirkung. Für Fledermäuse können sie allerdings eine Gefahr darstellen, sofern die Anlagen ohne Schutzvorkehrungen betrieben werden. Besonders jagende und ziehende Arten sind im freien Luftraum Kollisionsrisiken ausgesetzt. Angesichts der notwendigen hohen Ausbauziele für Windenergieanlagen ist es deshalb notwendig, die Fledermäuse besonders zu berücksichtigen.
Wie wirkt sich das auf Tiefenbronn aus?
Bei der Planung des Windvorranggebiets WE15 auf dem Hagenschieß wurde vom Regionalverband Nordschwarzwald ein umfangreiches Artenschutzgutachten berücksichtigt. Das Gutachten belegte zwei Fledermauspopulationen (Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr) in der Nähe des geplanten Vorranggebiets. Um die seltenen Kleinsäuger zu schützen, wurde ein Pufferabstand von 1,5 - 3 km zu den Quartieren der Fledermäuse eingeplant. Diese Maßnahme führte zu einer Verkleinerung des Vorranggebiets um rund 50 % (siehe Bild 2, schraffierte Fläche) [1].
Durch den Pufferabstand finden die meisten Flugbewegungen der Fledermäuse außerhalb des Windkraftgebiets statt.
Um den Schutz noch weiter zu verbessern, gibt es bereits passgenaue Software-Lösungen für die Steuerung von Windkraftanlagen (z.B. ProBat [2]).
Abbildung 1: Großes Mausohr. Bildautor: Wildlife/Alamy
Abbildung 2: Vorranggebiet WE15 vor und nach Berücksichtigung des Umweltberichts
Die Software errechnet auf Basis der gemessenen Flugaktivitäten von Fledermäusen standortspezifische Abschaltalgorithmen für die jeweilige Windenergieanlage. Damit kann die Anlage zu Zeiten hoher Fledermausaktivität abgeschaltet werden. Mit der aktuellen Version ist sogar die behördliche Kontrolle der Einhaltung der berechneten Abschaltalgorithmen möglich. So können die regionalen Aspekte der vorkommenden Fledermausgemeinschaften bei der Berechnung der Betriebsalgorithmen berücksichtigt werden.
Bei allen Betriebseinschränkungen für Windkraftanlagen sollte man eines allerdings eines bedenken: Der Klimaschutz, den die Windenergie gewährleistet, ist ebenfalls eine Form des Artenschutzes. Dieser schützt alle Arten – nicht nur Fledermäuse, sondern auch die (gar nicht so seltene) Art Homo sapiens.
Quellen
[1] https://nordschwarzwald-region.de/regionalplanung/teilfortschreibungen/teilregionalplan-windenergie/
[2] https://www.probat.org/
Kurz gesagt
Windenergieanlagen ermöglichen nachhaltige Energiegewinnung. Doch was passiert, wenn sie das Ende ihrer Lebensdauer erreichen? Der Rückbau und das Recycling dieser Bauwerke ist komplex und muss sorgfältig geplant und durchgeführt werden. Nach etwa 20 bis 30 Jahren Betrieb haben Windenergieanlagen das Ende ihrer technischen Lebensdauer erreicht [1].
Rückbau
Der Rückbau beginnt mit der Stilllegung der Anlage, bei der sie vom Netz genommen wird. Anschließend wird die Anlage von oben nach unten abgebaut. Zuletzt wird das Betonfundament ausgegraben, zerkleinert und abtransportiert. Schließlich wird die Baugrube mit Erdreich aufgefüllt und bepflanzt.
Abb. 1: Anteil der Baustoffe am Gesamtgewicht einer WEA (BWE-Informationspapier Rückbau und Recycling
Recycling der Materialien
Ein Großteil der Materialien einer Windenergieanlage kann recycelt werden. Stahl und Beton, die Hauptbestandteile des Turms und der Fundamente, werden zerkleinert und wiederverwendet. Die Rotorblätter, die oft aus Verbundmaterialien wie glasfaserverstärktem Kunststoff bestehen, stellen eine größere Herausforderung dar. Innovative Verfahren ermöglichen jedoch auch hier eine Wiederverwertung, beispielsweise durch Pyrolyse, bei der die Materialien unter hohen Temperaturen zersetzt werden. Es gibt aber noch eine weitere Lösung: Im März 2023 wurden in einem Offshore-Windpark bei Helgoland erstmalig Turbinen mit vollständig wiederverwertbaren Rotorblättern in Betrieb genommen [1].
Die umweltfreundliche Entsorgung ist gesetzlich abgesichert
Die umweltfreundliche Entsorgung ist ein zentrales Ziel beim Rückbau von Windenergieanlagen. Betreiber sind gesetzlich verpflichtet, die Anlagen fachgerecht zu entsorgen und das Grundstück in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen [1]. Dies umfasst auch die Entfernung der Fundamente und die Renaturierung der Fläche. Der Rückbau und das Recycling von Windenergieanlagen sind essenzielle Schritte, um die Nachhaltigkeit dieser Technologie zu gewährleisten. Durch innovative Recyclingmethoden und strenge gesetzliche Vorgaben wird sichergestellt, dass auch das Ende des Lebenszyklus einer Windenergieanlage umweltfreundlich gestaltet wird.
Quellen
[1] Fachagentur Windenergie, Kompaktwissen Rückbau und Recycling, Juli 2023.
[2] orsted.de, Können Windturbinen recycelt werden?
Das geplante Wind-Vorranggebiet WE 15 erstreckt sich – nach dem Wegfall der südwestlich gelegenen Flächen aufgrund eines Artenschutzgutachtens – auf eine Fläche von 352 ha (3,5 km²). Die Gemeindegemarkungen Wimsheim (189 ha) und Pforzheim (109 ha) haben darin die größten Flächenanteile. Friolzheim hat einen Anteil von 42 ha, Tiefenbronn hat nach der Verkleinerung des Vorranggebiets nur noch zwei kleine Flächen von zusammen rund 12 ha.
Wie wirken sich die Flächenanteile der Gemeinden auf die Aufstellung von Windkraftanlagen aus?
Das novellierte Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG, §6) [1] räumt dem Eigentümer von Flächen, die in einem Wind-Vorranggebiet liegen, weitreichende Rechte ein. Der Eigentümer darf auf seinen Flächen Windkraftanlagen ohne Bauleitplanung und ohne eine weitere Umweltprüfung errichten bzw. die Rechte dafür an Projektgesellschaften wie z.B. Elektrizitätswerke abtreten.
Abbildung 1: Flächenanteile der betroffenen Gemeinden am geplanten Vorranggebiet WE15.
Hierzu wird in der Regel ein Pachtvertrag für die Betriebsdauer der Windkraftwerke (i.d.R. 20-25 Jahre) geschlossen. Deshalb ist für den Bau von WEA entscheidend, wem die Flächen innerhalb des Vorranggebiets gehören.
Wem gehören die Waldflächen?
Abbildung 2 zeigt: der überwiegende Teil der Vorrangfläche WE15 gehört dem Land Baden-Württemberg. Die Stadt Pforzheim besitzt keinerlei Grundstücke auf WE15. Die Gemeinde Wimsheim besitzt etwa 40 % der WE15-Fläche auf ihrer Gemarkung (rot). Friolzheim hat nur zwei kleine Flächen von zusammen etwa 15 ha (grün). Tiefenbronn besitzt nur eine Fläche von 6 ha (blau), die zweite Fläche auf Gemeindegebiet gehört dem Land.
Die Waldflächen des Landes werden von der „Anstalt öffentlichen Rechts Forst Baden-Württemberg“ (ForstBW) bewirtschaftet. Die Forst BW hat von der Landesregierung den Auftrag, bis 2025 auf den von ihr bewirtschafteten Wäldern Flächen für 500 Windkraftanlagen zur Verfügung zu stellen [2].
Abbildung 2: Eigentümer der Waldflächen auf WE15. Orange: Land BW, rot: Gemeinde Wimsheim, grün: Gemeinde Friolzheim, blau: Gemeinde Tiefenbronn
Was folgt daraus für die Entscheidung über die Aufstellung von Windkraftwerken?
Szenario 1: Tiefenbronn verhindert den Bau von Anlagen auf seiner Fläche (blau), Friolzheim und Wimsheim bauen Anlagen.
Folge: Es entstehen voraussichtlich auf den Friolzheimer Flächen (grün), ca. 1 km vom Ortsrand Tiefenbronns, 2 Anlagen, sowie 2 weitere Anlagen auf der Wimsheimer Fläche (rot). Tiefenbronn hat 4 Anlagen in Sichtweite, aber keine Pachterträge.
Szenario 2: Tiefenbronn, Wimsheim und Friolzheim verhindern den Bau von Anlagen auf ihren Flächen
Folge: Die Forst BW baut Anlagen auf den Flächen des Landes – davon wahrscheinlich 1-2 Anlagen auf Friolzheimer Gemarkung in unmittelbarer Nähe des Tiefenbronner Waldfriedhofs und mindestens weitere 2-3 Anlagen auf den weiter nördlich gelegenen Flächen. Tiefenbronn hat 4-5 Anlagen in Sichtweite, aber keine Pachterträge.
Szenario 3: Tiefenbronn, Wimsheim und Friolzheim tun sich zusammen (sog. Flächenpooling) und forcieren aktiv den Bau von Anlagen auf den ihnen gehörenden Grundstücken.
Folge: Die drei Gemeinden können die für die Anlagen benötigten Flächen (jeweils ca. 0,5 ha pro Anlage) verpachten und erhalten Pachterlöse im Bereich von rund 100.000 EUR pro Jahr und Anlage. Es entstehen auf den roten, blauen und grünen Flächen ca. 5 Anlagen. Die Forst BW muss dann auf die bereits erfolgten Planungen Rücksicht nehmen und wird voraussichtlich keine weiteren Anlagen im Wald bei Tiefenbronn planen, sondern allenfalls den nördlichen Teil von WE15 in Richtung Pforzheim nützen.
Fazit
Egal, wie die Gemeinden sich entscheiden: es wird Windkraftanlagen auf dem Vorranggebiet WE15 geben, einige davon auch in der Nähe von Tiefenbronn. Die Gemeinde kann die Aufstellung nicht verhindern. Aber sie kann die Aufstellung steuern und davon profitieren, wenn sie zusammen mit den Nachbargemeinden aktiv den Prozess vorantreibt.
Quellen
[1] https://www.gesetze-im-internet.de/windbg/__6.html
[2] https://www.forstbw.de/info-presse/aktuelles-presse/detailansicht/forstbw-weiter-auf-kurs-bei-windkraftausbau
In Zeiten des Klimawandels und der Energiewende stehen wir vor der Herausforderung, nachhaltige Energiequellen zu finden, die unsere CO₂-Bilanz verbessern. Eine kontrovers diskutierte Möglichkeit ist der Bau von Windkraftanlagen im Wald. Doch warum sollte man ausgerechnet den Wald, ein Symbol für Natur und Erholung, für Windkraft nutzen?
Die CO₂-Bilanz im Fokus
Windkraftanlagen, auch im Wald, tragen erheblich zur Reduktion von CO₂-Emissionen bei. Für die Aufstellung einer Windkraftanlage müssen 0,5 ha Wald dauerhaft gerodet werden. Diese Waldfläche nimmt 2,75 Tonnen CO2 pro Jahr auf. Eine Windkraftanlage vermeidet durch ihren Betrieb jedoch 4.200 Tonnen pro Jahr. Die Einsparung von CO2 liegt also um einen Faktor von mehr als 1.000 höher, als die durch die dafür notwendige Rodung von Wald verlorene CO2-Aufnahme [1]. Wenn man also rein die CO2-Bilanz betrachtet, ist das eine klare Sache. Aber ist das wirklich der ausschlaggebende Aspekt bei diesem emotionalen Thema?
Abbildung 1: Vergleich Waldfläche vs. Fläche für Windenergie in Deutschland (Stand 2021; Quelle: Bundesverband WindEnergie e.V.)
Dem Wald geht es doch eh schon nicht gut!
Der aktuelle Zustand des Waldes in Deutschland ist besorgniserregend, da vier von fünf Bäumen krank sind [2]. Um dem Waldsterben entgegenzuwirken, müssen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Die Wichtigsten hierbei sind die Reduktion der Luftverschmutzung und der Klimaschutz.
Durch den Einsatz sauberer Energiequellen und die Verringerung von Emissionen aus Industrie und Verkehr können wir die Belastung der Wälder durch Schadstoffe reduzieren. Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen sind außerdem essentiell, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder zu minimieren [2]. Da beißt sich die Katze also in den Schwanz…
Wichtig ist eine sorgfältige Betrachtung des jeweiligen Standorts
Die Standortauswahl muss unter sorgfältiger Abwägung aller ökologischen Aspekte erfolgen. Hierfür gibt die Info-Seite der EnBW einen sehr guten Überblick: „Was umgangssprachlich als Wind im Wald bezeichnet wird, ist mit Windenergie auf forstwirtschaftlichen Nutzflächen besser umschrieben. Waldgebiete mit besonders wertvollen Laub- und Mischwäldern oder mit besonders hoher ökologischer Wertigkeit kommen für Windkraftanlagen nicht in Frage.“ [3] Aus diesem Grund bleiben die durch das Schutzgebietssystem „Natura 2000“ geschützten Waldflächen bei der Planung des Windvorranggebiets durch den Regionalverband außen vor (siehe Bild 2).
Windenergieanlagen können nur dort gebaut werden, wo der Schutz des Waldes – ebenso wie viele weitere Naturschutzbelange – gewahrt wird. Hinzu kommt, dass die Rodungen durch die Pflanzung neuer Mischwälder mit widerstandsfähigen Baumarten kompensiert werden [3].
Abbildung 2: Rote Fläche: Lage der Waldschutzflächen bei Tiefenbronn (Bannwald bei Burgruine Liebeneck); karierte Fläche: Entwurfskulisse Vorranggebiet WE15.
Quellen:
[1] https://stories.umweltbundesamt.de/system/files/document/20210527_Themenkompass_Oekobilanz.pdf
[2] https://www.bmel.de/DE/themen/wald/wald-in-deutschland/waldzustandserhebung.html
[3] https://www.enbw.com/unternehmen/eco-journal/wind-im-wald.html
Wieviel Strom braucht Ihr Haushalt? Sie können das leicht anhand Ihrer Stromrechnung überprüfen. Ein deutscher Durchschnittshaushalt benötigt für Licht, Kochen und Elektrogeräte 3.250 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr. Die 2500 Haushalte in Tiefenbronn verbrauchen also etwa 2.500 x 3.250 kWh = 8,125 Mio. kWh. In diesen Dimensionen rechnet man besser mit Gigawattstunden: 1 Mio. kWh = 1 Gigawattstunde (GWh).
Zu den rund 8 GWh für die Haushalte kommen aktuell noch weitere 10 GWh für Industrie und Gewerbe. Somit betrug 2022 der gesamte Stromverbrauch in der Gemeinde Tiefenbronn knapp 18 GWh [Quelle: EnBW]. Davon wurden 3,5 GWh, also knapp 20 %, in der Gemeinde selbst erzeugt – und zwar fast ausschließlich durch die aktuell rund 600 Photovoltaik-Dach- und Balkonanlagen. Eine Windenergieanlage (WEA) mit einer Leistung von 7 Megawatt liefert rund 15 GWh Strom pro Jahr. Durch den Zubau einer einzigen WEA könnte Tiefenbronn also seinen gesamten aktuellen Strombedarf aus regenerativen Quellen abdecken.
Beim derzeitigen Stromverbrauch wird es jedoch in Zukunft nicht bleiben: Um die Klimaziele zu erreichen, zu denen sich Deutschland im Pariser Abkommen verpflichtet hat, müssen in den nächsten 20 Jahren die Sektoren Verkehr und Gebäude auf klimaneutrale Techniken umgestellt werden. Nach derzeitigem Stand der Technik bedeutet dies, dass Gebäudeheizungen sowie PKW und LKW mit Strom betrieben werden müssen.
Die sparsamste Technologie bei der Gebäudeheizung ist die Wärmepumpe, denn sie heizt nicht mit Brennstoffen, sondern mit Umweltwärme. Um die ca. 2500 Wohn-einheiten in Tiefenbronn mit Wärmepumpen zu beheizen, benötigen wir ca. 10 GWh elektrische Energie. Das sind 29 GWh weniger, als derzeit in Form von Öl und Erdgas benötigt werden. Beim Verkehr kristallisiert sich immer deutlicher der batterieelektrische Antrieb als sparsamste Lösung heraus.
Abbildung 1: Prognose Stromverbrauch Tiefenbronn 2045 bei konsequenter Umstellung auf klimaneutrale Technologien
Die rund 3.800 PKW, die in der Gemeinde angemeldet sind, werden nach der Umstellung auf E-Antrieb ca. 12 GWh an Energie benötigen. Das ist nur ein Drittel der Energiemenge, die derzeit in Form von fossilen, importierten Kraftstoffen verbraucht wird. Weitere 20 GWh müssen für den Betrieb elektrischer LKW und Busse veranschlagt werden.
Insgesamt muss nach unseren Berechnungen 2045 mit einem Bedarf von rund 60 GWh elektrischer Energie gerechnet werden.
Der Strombedarf wird also stark ansteigen, der Energiebedarf insgesamt wird jedoch durch die Umstellung auf elektrische Prozesse drastisch von 153 GWh auf 60 GWh sinken – eine Einsparung von 60 Prozent! (siehe Bild 2).
Abbildung 2: Tiefenbronns Energiebedarf 2022 (97 % fossile Energie) und 2045 (100% erneuerbare Energie)
Mit einer dieser Konfigurationen könnte Tiefenbronn 2045 seine gesamte benötigte Energie klimaneutral vor Ort erzeugen. Fossile Brennstoffe würden dann nicht mehr benötigt.
Anmerkung: die obigen Berechnungen sind dafür gedacht, den lokalen Energieverbrauch und die mögliche Energieerzeugung in Tiefenbronn zu veranschaulichen. Sie sollen nicht nahelegen, eine Autarkie anzustreben – im Gegenteil: das europäische Stromnetz profitiert von der länderübergreifenden Kooperation. Energie-Importe und -Exporte sind daher kein Manko, sondern Zeichen einer funktionierenden internationalen Zusammenarbeit.
In der Diskussion um erneuerbare Energien spielt die Windkraft eine zentrale Rolle. Während der Norden Deutschlands bereits stark auf Windkraft setzt, wird oft übersehen, dass auch der Süden des Landes erheblich von dieser Technologie profitieren kann und sollte. Doch warum brauchen wir Windkraftanlagen gerade hier, im Süden Deutschlands?
Zunächst einmal bietet auch der Süden Deutschlands geeignete Windverhältnisse, die eine effiziente Nutzung von Windkraftanlagen ermöglichen. Dank moderner Technologie und fortschrittlicher Anlagen ist es möglich, auch bei geringeren Windgeschwindigkeiten wirtschaftlich Strom zu erzeugen. Gerade in Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte und starkem Energiebedarf wie Bayern und Baden-Württemberg ist die lokale Erzeugung von sauberer Energie wichtig. Durch den Einsatz von Windkraft kann der Import von Strom aus anderen Teilen Deutschlands oder dem Ausland reduziert und die Versorgungssicherheit erhöht werden.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist der Klimaschutz. Die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien ist unerlässlich, um die Klimaziele zu erreichen. Jede Region muss ihren Beitrag leisten, um den CO2-Ausstoß zu verringern. Windkraftanlagen im Süden tragen dazu bei, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren [2].
Darüber hinaus schafft der Ausbau der Windkraft auch regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze. Die Installation und Wartung der Anlagen bieten Beschäftigungsmöglichkeiten und können die lokale Wirtschaft stärken [4]. Zudem profitieren Kommunen durch Gewerbesteuereinnahmen und Pachteinnahmen von den Flächen, auf denen die Anlagen errichtet werden [5].
Nicht zuletzt kann die regionale Nutzung von Windenergie auch die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen. Wenn Menschen sehen, dass ihre Heimat aktiv zur Energiewende beiträgt, steigt die Unterstützung für erneuerbare Energien [6].
Die Energiewende ist ein Gemeinschaftsprojekt, das die Anstrengungen aller Regionen erfordert. Windkraftanlagen im Süden Deutschlands sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer nachhaltigen und klimafreundlichen Energiezukunft. Deshalb sollten wir uns Gedanken machen, wie wir ihren Ausbau bestmöglich vorantreiben können.
Quellen:
Abb. 1: Ursprüngliche Lage der Potenzialfläche WE15 (orange)
Deutschland hat sich im Pariser Abkommen 2015 verpflichtet, seinen Ausstoß an Treibhausgasen so zu reduzieren, dass die Durchschnittstemperatur der Erde um maximal 2 Grad ansteigt. Diese Verpflichtung wurde im Klimaschutzgesetz von 2019 in nationales Recht umgesetzt (Novellierung 2024, [1]). Nach dem aktuellen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) [2] sollen bis Ende 2030 in Deutschland 115 Gigawatt (GW) Windenergie an Land installiert sein – das entspricht der Leistung von rund 230 Kohlekraftwerken. Dafür wird ein jährlicher Zubau von etwa 9 GW brutto bzw. 7 GW netto erforderlich sein. Darüber hinaus setzt das EEG mit 157 GW bis Ende 2035 und 160 GW bis Ende 2040 weitere ambitionierte Ausbauziele [3].
Eine zentrale Herausforderung ist, ausreichend nutzbare Flächen bereitzustellen. Mit dem Koalitionsvertrag hat die amtierende Bundesregierung sich das Ziel gesetzt, für die Windenergie an Land 2 % der Landesfläche zur Verfügung zu stellen. Die rechtliche Grundlage zur Umsetzung ist mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) [4] erfolgt, welches zum 1.02.2023 in Kraft getreten ist.
In Baden-Württemberg wurde die Aufgabe der Ausweisung von Wind-Vorrangflächen den 12 Regionalverbänden zugewiesen. Der Enzkreis ist Bestandteil des Regionalverbands Nordschwarzwald, zu dem auch die Kreise Calw und Freudenstadt sowie die Stadt Pforzheim gehören. In der Region Nordschwarzwald wurde das Ziel ausgegeben, 1,8 % der Flächen für Windkraft zu reservieren. Diese Vorranggebiete werden nach Kriterien wie Windstärke, Siedlungsabstand und Umweltauswirkungen ausgewählt [5].
Im ersten Schritt wurden vorläufige Vorranggebiete in Form von Potenzialflächen definiert. Die Potenzialfläche WE15 befindet auf dem „Hagenschieß“ und somit teilweise auf Tiefenbronner Gemarkung (siehe Bild 1).
Abb. 2: Verkleinerung der Vorrangfläche WE15 durch Naturschutzbelange (schraffierte Fläche). Quelle: Regionalverband Nordschwarzwald [5]
Weitere betroffene Gemarkungen sind Pforzheim, Wimsheim und Friolzheim. Später eingereichte Artenschutzgutachten führten jedoch dazu, dass das Vorranggebiet WE15 um etwa 30 % verkleinert werden musste (Bild 2, schraffierte Fläche). Diese Verkleinerung betraf vor allem den Flächenanteil der Gemeinde Tiefenbronn.
Aktuell verbleiben zwei Flächen von jeweils rund 5 ha, die als Vorrangfläche auf unserer Gemarkung zur Verfügung stehen werden (siehe Bild 3, weiß umrandet). Fläche 1 liegt in der Nähe des Wanderparkplatzes Seilers Kreuz, ca. 2 km vom nördlichen Ortsende Tiefenbronns entfernt. Fläche 2 liegt entlang der Seehausstraße und beginnt ca. 500 m hinter dem Tiefenbronner Waldfriedhof. Auf diesen Flächen könnten – eine erfolgreiche weitere Prüfung vorausgesetzt – Windkraftanlagen entstehen. Die Nachbargemeinden Pforzheim, Friolzheim und Wimsheim haben direkt angrenzend deutlich größere Flächen innerhalb des Vorranggebiets WE15 zur Verfügung, die sie für Windkraftanlagen zur Verfügung stellen können.
Abb. 3: Lage der verbleibenden Flächen auf Gemarkung Tiefenbronn (1 und 2). Schwarze Linien: Gemarkungsgrenzen
Quellen:
1. Klimaschutzgesetz https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/tipps-fuer-verbraucher/klimaschutzgesetz-2197410
2. Erneuerbare Energien-Gesetz 2023 https://www.gesetze-im-internet.de/eeg_2014/
3. [Umweltbundesamt – Windenergie](https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/erneuerbare-energien/windenergie
4. Windenergieflächenbedarfsgesetz https://www.gesetze-im-internet.de/windbg/__3.html
5. Regionalverband Nordschwarzwald: Teilregionalplan Windenergie https://nordschwarzwald-region.de/regionalplanung/teilfortschreibungen/teilregionalplan-windenergie/
Ein häufig gehörtes Argument gegen Windkraftanlagen in Süddeutschland ist der Satz: Bei uns gibt es doch zu wenig Wind. Wieviel Wind gibt es denn tatsächlich im Tiefenbronner Wald, und reicht dieser Wind, um eine Windkraftanlage kostendeckend zu betreiben?
Eine erste Antwort auf diese Frage gibt der Windatlas Baden-Württemberg (www.energieatlas-bw.de/wind/windatlas). Auf dieser Seite hat das Umweltministerium Baden-Württemberg (LUBW) eine umfangreiche Datensammlung über die Windverhältnisse im Land angelegt. An 269 Punkten im Land wurden Windmessdaten aufgenommen. Diese wurden mit Daten zur Topographie und zur Bodenbedeckung (Gebäude, Wald etc.) in einem Strömungsmodell für verschiedene Höhen durchgerechnet bzw. simuliert [1].
Daraus ergibt sich eine Karte, auf der für jeden Punkt im Ländle die durchschnittlich zu erwartende Windstärke ablesbar ist – und zwar in getrennten Karten für verschiedene Höhen über Grund. In Bodennähe ist der Wind naturgemäß am schwächsten; je weiter man sich über den Grund erhebt, um so weniger wird der Wind durch Berge oder Bäume gebremst. Deshalb weisen moderne Windkraftanlagen für die Aufstellung an Land (sog. Onshore-WEA) Nabenhöhen von 180-200 Meter auf.
Lage der Tiefenbronner Flächen im Vorranggebiet WE15
Im Windatlas BW können ortsgenau verschiedene Daten abgelesen werden, um das zu erwartende Windaufkommen (die sogenannte Windhöffigkeit) zu beurteilen:
Welche Daten liefert der Windatlas BW für unsere potenziellen Windkraftflächen (zur Lage der Flächen siehe unsere Info Nr. 4)?
Für eine Anlage mit 200 m Nabenhöhe erhält man folgende Daten:
Zwei Windkraftanlagen mit je 4,2 MW könnten somit den gesamten Stromverbrauch (2022: 18 Mio. kWh) in Tiefenbronn decken. Installiert man statt dessen zwei Anlagen aktuellen Typs mit je 7,2 MW, so wäre damit - zusammen mit einem weiteren Ausbau der Photovoltaikanlagen - auch der steigende Strombedarf (Wärmepumpen, E-Autos) der nächsten 10-15 Jahre gesichert.
Quellen:
[1] Endbericht Windatlas Baden-Württemberg 2019
[2] Berechnungsmethodik LUBW: https://www.energieatlas-bw.de/wind/potenzialanalyse/berechnungsmethodik
Freilich basieren diese Zahlen nur auf dem o.g. Simulationsmodell, das wiederum auf Realdaten aus der Umgebung basiert. Deshalb werden die realen Windverhältnisse an einem geplanten Standort, bevor tatsächlich eine Anlage gebaut wird, nochmals eingehend überprüft. Hierzu wird eine Laser-Messanlage am geplanten Standort aufgestellt und die realen Windverhältnisse ein Jahr lang detailliert aufzeichnet. Erst nach Auswertung dieser Messungen erfolgt die Entscheidung für oder gegen den Bau einer Anlage.
Gibt es nun genügend Wind in Tiefenbronn für eine Windkraftanlage? Nach der aktuell vorliegenden Datenlage, die sich auf den Windatlas Baden-Württemberg stützt, muss diese Frage mit „ja“ beantwortet werden.
Die Größe von Windkraftanlagen ist das Ergebnis sorgfältiger ingenieurwissenschaftlicher Entwicklungsarbeit, die auf die Maximierung der Energieausbeute abzielt. Aber warum ist Höhe so entscheidend?
Die Höhe einer Windkraftanlage ist direkt mit ihrer Effizienz verbunden. In größeren Höhen sind die Windgeschwindigkeiten höher und die Strömung weniger turbulent (verwirbelt), was zu einer konstanteren und stärkeren Windzufuhr führt. Dies ist entscheidend, da die Energieproduktion einer Windkraftanlage mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit steigt. Das bedeutet, dass eine geringfügige Erhöhung der Windgeschwindigkeit eine überproportionale Steigerung der Energieausbeute bewirken kann. Ein Beispiel: gelingt es, durch eine höhere Anbringung der Rotornabe in eine Zone zu kommen, in der die mittlere Windgeschwindigkeit um 26 % größer ist, so ist die Energieausbeute doppelt so hoch!
Außerdem ermöglichen größere Höhen längere Rotorblätter. Die Rotorblätter einer Windkraftanlage sind so konzipiert, dass sie die aerodynamischen Kräfte optimal nutzen. Sie sind ähnlich wie Flugzeugflügel geformt, um den Auftrieb zu maximieren und den Luftwiderstand zu minimieren. Eine Verlängerung der Rotorblätter um 5 % kann die Leistung der Anlage signifikant steigern, da längere Blätter eine größere Fläche bieten, um Wind zu erfassen. In der Regel kann eine solche Verlängerung die Energieausbeute um 10 % bis 15% erhöhen, abhängig von den spezifischen Windbedingungen und dem Design der Anlage.
Die Höhe einer Windkraftanlage ist also ein entscheidender Faktor für ihre Leistungsfähigkeit. Vor allem in Regionen mit geringer bis mittlerer Windgeschwindigkeit ist es daher sinnvoll, besonders hohe Windkraftanlagen einzusetzen. Typische „Schwachwindanlagen“, wie sie in Süddeutschland verbaut werden, weisen deshalb inzwischen Nabenhöhen von 160 bis 200 m auf.
Durch die Kombination aus aerodynamischem Design, technologischer Innovation und strategischer Platzierung können Windkraftanlagen effizient und zuverlässig grüne Energie liefern. Dies ist der Grund dafür, dass Strom aus Windkraft aktuell nach der Freiflächen-Photovoltaik die zweitgünstigste Stromerzeugungstechnik ist. Sie sind somit ein unverzichtbarer Baustein für eine nachhaltige Zukunft.
Quelle
Das Buch „Windkraftanlagen - Grundlagen, Entwurf, Planung und Betrieb“ (e-book ISBN: 978-3-322-99446-2) von R. Gasch, J. Twele et al. ist Quelle für diesen Artikel und gibt eine umfassende Übersicht über die Technik von Windkraftanlagen.
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